Ich starrte meine Mutter an. Ich glotzte wie ein Fisch. „Das... Das kannst du aber nicht machen...“, krächzte ich. Die Hände in die Hüften gestützt glotzte meine Mutter zurück. Wie eine hochnäsige Ziege. „Ach ja? Stimmt, ich kann es nicht machen, ich habe es gemacht!“ Wäre ich eine Katze hätte ich ihr die Augen ausgekratzt, wäre ich ein Pferd hätte ich nach ihr getreten, wäre ich ein Hund hätte ich sie gebissen. Doch ich war nur ein normales fünfzehnjähriges Mädchen. Und wünschte mir einfach nur im Erboden zu versinken. Schnell weg von hier, auf nimmer wiedersehen! Weg von meiner Mutter, weg von meinem Stress, weg von allem. Seufzend drehte ich mich um. „Ich geh zu Saphir“, krächzte ich den Tränen nahe und verließ schnell die Wohnung. Das sollte sie doch nicht wissen, dass ich nicht stark genug war! Also lief ich im leichten Sommerregen zur Bushalte stelle. Warten bis mich der Bus zum Linsenhof fuhr. Meinem einzigen Zufluchtsort. Aber auch das nicht mehr lange. Frau Luke konnte sich das nicht mehr leisten... Und dann würde sie Saphir und die anderen Pferde weggebracht werden. Ich unterdrückte einige Tränen und trat stattdessen gegen einen Pfosten. Zischend ließ ich die Luft durch meine zusammengepressten Zähne entweichen als der plötzliche Schmerz aufflammte. Der Regen wurde stärker und ich bereute es keine Jacke angezogen zu haben. Ich hob meine Schultern und zog mir die Kapuze meines Sweatshirts über. Langsam wurde es kalt.

Doch da kam der Bus. Als er mit quietschenden Reifen anhielt und die Türen öffnete, stieg ich ein. Wenigstens war ich hier Regen geschützt und es war warm. Seufzend setzte ich mich neben eine ältere Dame. Diese starrte mich an. „Was ist denn, Luna?“, fragte sie mich. Ich wirbelte herum als sie meinen Namen aussprach und erkannte Miss Dornfield, die englische Dame die nach Österreich ausgewandert war. „Mom hat Felix verkauft...“ Erschüttert starrte mich Miss Dornfield an. „Das kann sie doch nicht machen!“ Ich musste sogar ein bisschen grinsen als ich Mom zitierte: „Ja, stimmt, sie kann das nicht machen, sie hat es gemacht.“ Doch dann verschwand das lächeln wieder. „Er war das einzige was mir geblieben ist nachdem Saphir bald weg kommt!“ Mitfühlend blickte mich Miss Dornfield an. „Du findest bestimmt eine neue Reitbeteiligung.“ Einen Moment überlegte ich wirklich ob ich ihr erklären sollte das Saphir etwas besonderes war, besann mich aber eines besseren. „Und was verschlägt Sie nach Schönefeld?“, fragte ich schließlich höflich. Die alte Dame lachte kehlig. „Mich verschlagen nur alte Bekannte nach Schönefeld. Familientreffen und so´n Kram.“ Mich verblüffte immer wieder das man mit der Engländerin so gut reden konnte. Ich mochte ihren englischen Akzent in der Sprache. Wir Österreicher hatten nicht gerade die schönste Sprache auf der Welt. Im Gespräch vertieft ging die Stunden lange Fahrt schnell vorbei. „Nächster Halt; Lindenhof“, ertönte die monotone Stimme aus dem Lautsprecher. Schnell stand ich auf. „Luna, warte“, hielt mich Miss Dornfield auf. „Der ist für dich“, sagte sie und überreichte mir einen hellroten Regenschirm. Verblüfft nahm ich diesen entgegen. „Danke!“, brachte ich hervor. Miss Dornfield zwinkerte. „Nichts

zu danken! Viel Spaß bei Saphir! Und gebe ihm eine Möhre von mir.“ Ich nickte und verließ schnell den Bus bevor er die Türen wieder schloss. Anna wartete bereits am Gatter auf mich. Links in der Hand hielt sie ihre gescheckte Fuchsstute Ayita und rechts Saphir. „Ich hab sie schon gesattelt“, sprach die blonde Schönheit. „Ich dachte mir schon das du kommen würdest.“ Dankbar nahm ich Saphirs Zügel entgegen. „Shade hat mir alles erzählt... Das tut mir so leid für dich!“, redete Anna weiter während ich auf Saphir stieg. Der cremefarbene Wallach wartete geduldig. Shade, meine beste Freundin. Zusammen mit Anna bildeten wir ein unzertrennliches Trio. Auch wenn Anna ziemlich nervte mit ihrem ständigen Geplapper, war sie mir ans Herz gewachsen. Auch jetzt war mal wieder keine Ausnahme und sie redete über ihr Lieblings Thema; Nägel. Während ich sie ausblendete und manchmal ein „ja“ oder „sehe ich auch so“ von mir gab genoss ich das Gefühl auf Saphir zu sitzen. Zusammen mit Ayita trabte Saphir los und ich genoss das Gefühl in zu reiten...

„Es tut mir soo leid, Luna!“, rief Anna als Frau Luke wortlos Saphirs Zügel nahm und ihn in die Box führte. Ich saß einfach auf den Heuballen und weinte. Sonst brachte man mich nicht so schnell zum weinen, aber an Saphir lag mir viel. Ich spürte wie Shade sich neben mich setzte und ihren Arm um mich legte. Sie war extra für mich gekommen... Als ich hörte das ein Auto auf den Hof fuhr hob ich den Kopf. Kies knirschte unter den Reifen von Herrn Faffs Wagen. Was machte den Annas Vater hier? Ich sah aus dem Augenwinkel wie Anna Shade zuzwinkerte. Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und sah zu wie Herr

Faff zu Frau Luke lief. Aus der Ferne sah ich nur wie Frau Luke den Kopfschüttelte und blass wurde. Herr Faff fing darauf nur aan hitzig zu diskutieren. Verwirrt sah ich den beiden zu. Schließlich kam Herr Luke, Frau Lukes Mann. Er gesellte sich zu seiner Frau und diskutierte mit. Schließlich sah es aus als wären sich alle einer Meinung. Sarah Luke nickte und lief in Richtung Stall. Peter Luke ging zurück in sein Büro und Jakob Faff ging zu seinem Auto. Verwirrt verfolgte ich das rege Treiben und sah wie schließlich alle wieder kamen. Verwirrt sah ich das Peter seine Aktentasche trug und Jakob trug eine Tasche. Erst wenig später sah ich das Sarah wieder kam...

„Oh. Mein. Gott! Ich danke euch so sehr... Das kann ich gar nicht in Worte fassen!“, faselte ich vor mich hin. Sarah lächelt mich an. Sie hielt eine windfarbende Islandstute am Strick. Diese Stute sollte mir gehören? „Ihr Name ist Elja. Das ist isländisch für Kraft. Sie ist ein Fohlen von einer Stute meiner Freundin. Sie wollte mir Elja schenken das ich noch ein Pferd habe... Eigentlich wollte ich sie verkaufen weil ich das Geld brauche. Aber Herr Faff wollte sie für dich kaufen. Sie ist erst vier und muss noch eingeritten werden, aber das schaffst du sicher.“ Ich lächelte und streichelte Eljas Hals. Meine Stute. Zu Unwirklich. Zu viele Fragen schwirrten in meinem Kopf. „Wo... Wo soll sie stehen?“, stotterte ich. Anna unterbrach wiedermal einen ihrer Redeflüsse. „Im Schuppen in deinem Garten. Den könnte man soo süß einrichten! Da ist Platz für Sättel, die kannst du da hinten an die Wand hängen, du weißt doch was ich meine! Und dann-“, plapperte Anna weiter.