Kapitel 5Kleefrost spürte die vielen Blicke die auf ihnen hafteten, als die Patrouille durch den Lager Eingang trat. Einige holten erschrocken Luft, andere schienen eher neugierig zu sein. Er war sich auch sicher, das nicht alle die Katze kannten und wussten, dass sie die Heilerin war, doch der Metall Gestank nach Nachtclan haftete ihr ganz klar an. Als sie in der Lagermitte angekommen waren, hatten sich bereits einige Grüppchen gebildet. Alle starrten die junge Heilerkatze an und raunten sich etwas ins Ohr. Kohlenglut, der Voraus gelaufen war, kam bald mit seiner Mutter auf sie zu gelaufen. Seidensterns Gesichtsausdruck war irgendwie unergründlich. Kleefrost hoffte nur, dass er keinen Fehler gemacht hatte. Er versuchte angestrengt eine Regung , welcher Art auch immer in ihrem Ausdruck lesen zu können. Es gelang ihm jedoch nicht. Seidenstern wandte sich sowohl an den Clan, der sich inzwischen vollständig versammelt hatte, als auch an die Katze, die in leicht geduckter Haltung zwischen Kleefrost und Matschtatze verharrte. „Korpfütze, Heilerin des Nachtclans. Du wirst erst einmal bei uns bleiben, bis sich dein Zustand gebessert hat, wo sich unsere Heiler um dich kümmern. Du wirst den Heilerbau zu keiner Zeit verlassen. Solltest du zum Schmutzplatz müssen, wird die Wache, die ich vor dem Bau einsetzen werde, dich zusammen mit einer weiteren Katze begleiten. Wir wollen deine Genesung, doch wir können dem Nachtclan nicht vertrauen. Soviel haben wir in der Vergangenheit gelernt. Sobald du wieder stark genug bist, wirst du uns verlassen.“ Seidensterns Worte klangen hart. Sie versuchte wohl so viel Stärke zu demonstrieren, wie sie nur konnte. Kleefrost wurde auch sogleich zur ersten Wache vor dem Heilerbau verdonnert. Etwas missmutig nahm er seinen Platz davor ein. Er wäre lieber etwas Jagen gegangen um den Kopf frei zu kriegen. Salbeipfote kam nach einigen Stunden vor den Bau und sah ihn besorgt an. „Sie ist total unterernährt und hat auch einige Prellungen, die wir vorher nicht gesehen hatten. Es muss die Hölle sein im Nachtclan zu leben.“ Kopfschüttelnd ging er in Richtung Frischbeutehaufen. Kleefrost dachte über seine Worte nach. War er vielleicht zu voreilig damit gewesen die junge Heilerin zu verurteilen? Schliesslich war auch Sprudelfeuer, seine gute Freundin aus dem Nachtclan geflüchtet. Und sie war nett. Und Tauchnase ebenfalls. Nachdenklich sah er seinem Bruder zu, als dieser einen fetten Sperling in den Heilerbau zurück trug.
„He, Kleefrost hat aber gesagt wir dürfen zu ihr.“ Tauchpfote starrte Nussbaum trotzig an. Hinter ihr, mit ihrem Schweif auf den Schultern, stand Sprudelfeuer. „Sehe ich aus, als wäre ich Kleefrost? Er hat heute keine Wache. Und ich lasse keinen ausser Seidenstern und die Heiler rein.“ Er blickte sie stur an. Tauchpfote schaute resigniert zu Boden. In den letzten Tagen, hatten Kleefrost und Grünlied immer wenn sie Wache hatten, die beiden Kätzinnen zu Kornpfütze hinein gelassen. Aber seit zwei Sonnenaufgängen hatten sich Nussbaum und Kohlenglut meistens abgewechselt. Und jetzt konnten sie nicht mehr zu ihrer Freundin. Tauchnase tippte ihrer Gefährtin zweimal mit der Schwanzspitze auf die Schulter, und die beiden drehten sich um. Tauchnase humpelte so gut es ging neben Sprudelfeuer, welche sie von der Seite stützte. Man sah die beiden oft so zur Kinderstube gehen, wo sie geholfen hatten mehr Platz für die vielen Jungen zu machen. Nachdem der Bau der Erweiterung fertig war, hatten sie Weissdorn schon öfter mit ihren vielen Findeljungen geholfen, die nun auch immer wilder wurden, sodass die Kätzin zwischendurch auch mal wieder zur Jagd mitgehen konnte. Tauchpfote versuchte die vielen mitleidigen Blicke ihrer Clankameraden zu ignorieren, doch es konnte einem ganz schön auf die Nerven gehen. Allerdings erwischte sie sich selber dabei, wie sie ihre Gefährtin manchmal mit genau dem selben Blick bedachte, ohne es in dem Moment bewusst gemacht zu haben. Also konnte sie es den anderen wohl nicht übel nehmen. Sprudelfeuer hatte sich seit dem Kampf sehr verändert. Sie war oft müde und missmutig. Sie sprach nicht mehr so viel, weil sie nie wusste, wie laut sie sprechen musste, und das machte sie sehr unsicher. Ausserdem vermisste sie das Jagen und fühlte sich oft unnütz. Lindenrinde, die Älteste mit der sie den Bau teilten hatte ihnen oft davon erzählt, dass Mauseohr dieses Problem auch immer gehabt hatte, und meinte, sie müssten sich einfach daran gewöhnen. Tauchnase hatte diese Gefühle manchmal auch, aber sie durfte wenigstens aus dem Lager und manchmal noch schwimmen gehen, weil Nieselsee es anordnet hatte, für ihr verbleibendes aber verkürztes Hinterbein. Bei der Gelegenheit erwischte sie meistens auch einige Fische, und somit hatte sie das Gefühl nicht ganz so nutzlos zu sein.
„Hast du heute keine Wache?“ Weidennebel blickte aus seinem Nest auf, welches er mit Schilfbeere teilte, als sein Bruder in den Kriegerbau kam. „Nein Seidenstern hat Nussbaum wieder vor den Heilerbau gestellt. Ich darf mich also getrost zu euch hinlegen.“ Ein Schnurren kam hinter Schilfbeeres Pelz hervor, als Grünlieds Kopf auftauchte. „ na dann kam her, ich habe dir das Nest schon mal warm gemacht. Weidennebel verdrehte bei ihren Worten die Augen und kassierte dafür gleich einen unfreundlichen Pfotenstoss von seiner Gefährtin. „Lass sie doch.“ Es ging nicht lange und Weidennebel konnte die beiden Turteltauben gleichmässig atmen hören. Er kuschelte sich ans weiche Bauchfell von Schilfbeere und atmet ihren süssen Duft ein.
„Angriff!“ Weidennebel schreckte aus seinem ruhigen Schlaf auf, als er das Gekreische hörte. Was war passiert? Träumte er noch? Doch dann hörte er wieder einen Ruf Igelsprungs Stimme gelangte an sein Ohr. „Aufwachen! Angriff vom Nachtclan! Sofort regte sich der ganze Kriegerbau, und einer nachdem anderen stützte aus dem Höhle. Als Weidennebel den Bau verliess, gleich hinter Schilfbeere, die sich natürlich mal wieder an vorderster Front ins Geschehen stützen musste, war er verwirrt. Er sah Nachtclan Katzen mitten im Lager. Nussbaum versuchte gerade drei von ihnen gleichzeitig abzuwehren, während Mildherz sich bereits auf Trockenstern stürzte. Er wollte gerade Nussbaum zu Hilfe eilen, als scharfe Krallen sein Hinterbein entlang schrammten. Er schoss herum und blickte in Blutkralles blitzende Augen. Gerade noch schnell genug konnte er sich unter einem Pranken hieb ducken. Er liess einerseits seine Kralle bewährte Tatze auf ihn niedersausen, doch er war nicht schnell genug. Der Krieger wich ihm geschickt aus. Doch dann tauchte ein orangener Pelz auf, der dem Nachtclan Kater auf den Rücken sprang. Graukehle kam ihm zu Hilfe.
Seidenstern musste sich erst einen Überblick verschaffen, wo sie am meisten gebraucht wurde. Sie sah zuerst Trockenstern, die sich mit Mildherz ein Duell lieferte, doch Klarweiher und Gewitterduft kamen bereits angerannt um ihrer zweiten Anführerin zu Hilfe zu eilen. Sie konnte auch Blutkralle ausmachen, der sich mit Weidennebel und Graukehle mass.Nussbaum der noch immer den Heilerbau bewachte, versuchte gleichzeitig drei der Nachtclan Krieger abzuwehren. Doch Kleefrost eilte ihm zu Hilfe, und sie konnte sehen wie Grünlied und Halbsonne ebenfalls in seine Richtung rannten. Die anderen Katzen waren einzeln verteilt. Überall im Lager hörte man Kampfgeschrei. Seidenstern zählte die Katzen. Sie konnte insgesamt acht Katzen ausmachen. Ihr feil auch auf, dass Trockenstern einen noch sehr jung scheinenden Schüler mitgebracht hatte. Er ging gerade zwischen den Pfoten Von Kautzpfote und Rauchpfote unter. Beide waren zwar noch nicht sonderlich erfaren. Das war ihr erster richtiger Kampf, doch sie schienen dem jungen Schüler, der wohl noch fast ein junges war, dennoch überlegen. Seidenstern griff ein. Sie wollte nicht, dass ihr Clan Schuld am Tod eines Schülers war.
Der ganze Spuk war relativ bald vorbei. Die Nachtclan Krieger waren einfach zu wenige um sich mit den vielen Funkenclan Kriegern anlegen zu können. Seidenstern stand über Trockenstern die wutentbrannt zu ihr hoch starrte. Sie hatten wohl ihre eigene Stärke überschätzt. Jetzt ohne ihre Blutstärke, waren sie nicht besonders viel stärker als jede andere Katze. Alle 8 Katzen die beim Angriff dabei waren, hatte der Clan zusammen getrieben. Keiner war ernsthaft verletzt worden. Nussbaum Blutete aus vielen Wunden, doch keine der Wunden war gefährlich. Noch während Seidenstern sprach, war Nieselsee mit ihren Kräutern zu ihm gerannt und verarztete ihn. “Trockenstern du bist besiegt! Nimm deine Katzen und kehre zu deinem Clan zurück! Und wage es nicht, uns noch einmal anzugreifen.“ „Du Bienenhirn, das ist mein Clan! Und wir brauchen unseren heiler zurück! Ihr habt sie uns gestohlen!“ Ein Raunen ging durch den Funkenclan. Sollte das wirklich alles sein, was vom ach so übermächtigen Nachtclan geblieben war? Sieben Krieger, ein Schüler und eine verängstigte Heilerkatze?“ Doch bevor jemand etwas dazu sagen konnte, teilte Salbeipfote die Menge und trat zu Seidenstern. Er tat es mit der grössten Selbstverständlichkeit. Als wäre er dafür geboren worden. „Ihr habt weder die Bezeichnung Clan verdient, noch einen eigenen Heiler. Und du hast den Namen Trockenstern nicht verdient! Der Sternenclan würde nie eine Katze wie dich an der Spitze dulden. Schau dir deine Katzen an. Die Hälfte davon ist so Mager .dass man ihre Rippen sieht!“ „Weil wir nur noch kleine Mengen Blut zu uns nehmen können, ohne die Krankheit zu bekommen! Und ich lasse meinen Clan sicher nicht das Aas fressen, wie ihr das macht! Wir sind keine Blutverräter!“, Spuckte Trockenstern die Worte aus. Da trat aus der Schneise, die sich für Salbeipfote aufgetan hatte, eine hellbraune Katze mit Leoparden ähnlichen Flecken hervor. Sie hob den Kopf. Kornpfütze schien allen Mut zusammen zu nehmen, bevor sie sprach:“ Ich werde nicht zum Nachtclan zurückkehren. Du behandelst uns nicht wie Katzen eines richtigen Clans. Obwohl ich hier eine gefangene bin, habe ich das eingesehen. Schau selber wie du die Katzen heilst, die du selber in den Untergang führst. Ich werde nicht mehr daran teilhaben. Und ich lade alle anderen Katzen aus dem Nachtclan ein, meinem Beispiel zu folgen. Wir werden zwar kein Clan sein, doch wir werden uns nicht von einer Katze fertig machen lassen, die denkt dass es ihr Geburtsrecht ist, andere wie Krähenfrass zu behandeln.“ Trockensterns Augen funkelten gefährlich bei Kornpfützes Worten.“ Keiner wird dir folgen. Der Nachtclan besteht nicht aus Schwächlingen! Wir werden dich in fetzen reissen, wenn wir dich das nächste mal sehen!“ Sei bellte die Worte fast. Doch da schlich ein orange, weisser Pelz an Trockenstern vorbei. Schneebruch stellte sich Kornpfütze zur Seite. „Ich werde mit ihr gehen, und mein Sohn ebenfalls. Alles ist besser als unter deiner Herrschaft zu leiden. „ Er schnippte mit der Schwanzspitze und der junge Schüler Hagelpfote rannte zwischen die Pfoten seines Vaters. Es ging nur einen Herzschlag lang, bis Taubach, dicht gefolgt von ihrem Gefährten Starkregen sich ebenfalls auf die Seite der Heilerin stellten. Trockenstern bebte vor Wut. Etwas zögerlich wechselte nun auch noch Laubschauer die Seite. Seidenstern schaute dem Geschehen mit erstaunen zu. Neben Trockenstern standen jetzt nur noch Blutkralle und Kälteschwinge. Sie konnte nicht glauben was sie sah. Die Prophezeiung erfüllte sich. Der Nachtclan war nicht mehr.
@Saraeg@Staren@Reiherschatten@Shahar@Flammensturm@Grasherz@Stormprancer@Himbeernase