Und die Kätzin hob den Kopf, sah den Vollmond flehend an, immer noch auf ein Wunder hoffend. Bitte Sternen Clan, wenn es dich wirklich gibt… Dann lass das hier nicht geschehen! Leises Geflüster raschelte durch die Blätter, Kälte kroch in ihren Pelz und sie hörte den angespannten Atem ihrer Clankameraden, die um sie herum versammelt waren.
Bitte~ Tränen standen ihr in den Augen, Dunkelheit leckte an ihren weißen Pfoten und sie spürte wie die Anspannung immer weiter stieg. Wie konnte es nur so weit kommen? Leise Pfotenschritte erklangen, die langsam immer lauter wurden und sie spürte mehr als das sie sah, dass ihre Schwester neben ihr, unruhig mit dem Schwanz schlug.
„Es wird alles gut.“ Traurig blinzelte sie die hübsch gepunktete Kätzin an und stupste sie einmal aufmunternd an. Das war schließlich ihre Aufgabe. Ihre Pflicht. Ihre Wahl. Das hatte sie immer gewollt. Ich will das nicht! Nicht… so – nicht er!
„Finsterkatzen! Macht euch bereit!“ Ihr Anführer trat aus einem Gebüsch, seine ausgefahrenen Krallen funkelten hell im Mondlicht und seine Augen leuchteten dunkel. Rasch kroch sie aus ihrem Versteck, ihre Schwester auf den Pfoten und schloss zu dem Kater auf, nahm ihren Platz an seiner rechten Seite ein. Ihren Platz.
Verzweifelt erwiderte sie seinen Blick aus bernsteinfarbenen Augen, nickte jedoch bestätigend und fuhr angespannt ihre schwarzen Krallen aus. „Das sind Fremde – nein es sind Streuner! Streuner, die uns unser Territorium, unser Lagen und unser Leben streitig machen wollen. Wir haben seit dem Beginn der Zeit so gelebt und unsere Traditionen verteidigt und wir werden nicht jetzt anfangen, damit aufzuhören! Wir kämpfen – bis zu unserem Ende wenn nötig! Denn wir, wir sind die Finsterkatzen!“
Finsterkatzen. Finsterkatzen. Finsterkatzen. Dunkel rumorte es in ihrem Körper, verzweifelt stieg sie in das bestätigte Jaulen ihrer Clankameraden ein. Ich bin eine Finsterkatze! Und ich werde bis zum Ende kämpfen! Sie richtete sich nach vorne aus, machte sich kampfbereit und erwartete zusammen mit ihrem Clan den Feind.
Der erste Streuner der aus der Dunkelheit brach und mit pechschwarzem Fell sich auf eine Katze stürzte, verursachte ihr ein unangenehmes Ziehen. Zum Glück nicht er! Doch viel Zeit zum Hoffen blieb ihr nicht mehr, immer mehr Streuner stießen zu ihnen, griffen an oder eher gesagt – wurden angegriffen. Sie waren kalt und grausam. Nahmen die anderen auseinander. Und sie mitten drin.
Mit gebleckten Zähnen stürzte sie sich auf eine kleinere Kätzin, fuhr ihr über die Ohren, packte sie am Nackenfell und zerkratzte ihr ihr Bauchfell. Zeigte das sie nicht umsonst ihren Posten hatte. Das sie nicht umsonst so hart gearbeitet hatte. Das sie nicht umsonst zweite Anführerin geworden war.
Ihre Gegnerin, eine kleine, junge und abgemagerte Kätzin mit ängstlichen Augen, floh und rannte wieder zurück in die Schatten und mit blutigen Pfoten stand sie da, sah sich wachsam um, stetig betend ihn nicht zu entdecken. Doch was hatte sie erwartet? Er würde die seinen niemals alleine lassen, erst recht nicht alleine kämpfen. Alleine sterben.
Sein goldenes Fell glänzte, die schwarzen Flecken um seine Augen fingen ihren Blick ein und als sich ihre Augen trafen, schlug sie die ihren voller Reue nieder. Wie hatte es nur soweit kommen können? Warum er? Warum hier? Warum jetzt?
Schreie stiegen ihr in die Ohren und sie erkannte ihre Schwester, die gepunktete Kätzin, die eigentlich in der Kinderstube bei dem Wurf junger Kätzchen sein sollte und nicht hier kämpfen müsste. Auf ihr thronte er. Wut stieg in ihr auf und wie bei ihrer Begegnung, ging sie zum Angriff über, lief los, flog über den Boden und rammte ihn kraftvoll.
Sie war immer die bessere Kämpferin gewesen. Dafür hatte er Pläne gehabt. Träume. Hoffnungen. Einen Platz zum Leben – für sich, für seine Familie, für seine Streuner. Ruhe. Frieden. Junge.
Und doch würde hier heute alles zerstört werden. Ungläubig sah er sie an, die meerblauen Augen sahen sie verwirrt und verraten an. „Was?“ Sie ließ ihn nicht aussprechen, fuhr ihm über das Maul und schlug nach seiner Kehle.
Er stieß sie von sich, richtete sich wieder auf. Der Ausdruck in seinen Augen hatte sich geändert. Hass hatte sich breit gemacht. Den gleichen Ausdruck, denn sie hoffentlich in sich trug. Hass. Ich liebe dich.
„Dann war das von Anfang an dein Plan? Mich zu verraten? Sie alle zu verraten? Sie haben dir vertraut! Ich habe dir vertraut...“ Und als ob es alles erklären würde, sprach sie mit bebender, brechender Stimme: „Ich bin eine Finsterkatze.“
Mit einem Kreischen stürzten sie sich aufeinander, kratzen, bissen und versuchten alles um den anderen zu verletzten. Nahmen keinerlei Rücksicht aufeinander – oder auf sich selbst. Tränen rollten, Blut floss, Sehnen rissen. Herzen brachen. Ich liebe dich!
Und als der Kampf beendet wurde, ihr Anführer laut den Sieg verkündete, löste sich der andere von ihr und sah sie voller Abscheu an. Erneut zerbrach etwas in ihr. „Ich dachte, dass ich dich lieben würde. Dass wir Gefährten wären. Aber scheinbar habe ich mich getäuscht.“ Kraftvoll drehte er sich um und verschwand zusammen mit seinen Kameraden in den Schatten.
Aber ich… ich liebe dich doch?
Tränen rannen ihr über die Wangen, ein leises Schluchzen entwich ihr und auch ihre Clankameraden die um sie herum ihren Sieg feierten, konnten sie nicht aufmuntern. Ihre Schwester, die gepunktete, schmiegte sich an sie und dankte ihr, dafür, dass sie sie gerettet hatte. Gerettet hatte. Gerettet. Er hätte sie niemals verletzt. Niemals.
Aber… Sie hatte es. Sie hatte es tun müssen. Sie hatte geschworen, ihrem Anführer zu gehorchen, dessen Befehle auszuführen, ihren Clan zu verteidigen und ihren Posten zu lieben. Und alle Opfer dafür zu bringen, die sie bringen musste. Alle Opfer.
Ihre Schwester, die mit Jungen in der Kinderstube festsaß, die nicht die ihren waren. Eine Gemeinschaft die sie verraten hatte, obwohl diese Katzen ihr bedingungslos vertraut hatten. Ein Kater, den sie geliebt hatte und nun auf Befehl töten oder zumindest vertreiben müsste, wenn sie ihn sah. Denn…
...sie war eine Finsterkatze. Und sie würde es immer bleiben. Sie würde alles für ihren Clan geben. Alles.