Kapitel 8Bärenkralle schlug die Augen auf, als entfernte Katzenstimmen die noch kühle Morgenluft erfüllten. Er brauchte einen Moment um sich zu orientieren. Er war bis spät in die Nacht aufgeblieben und hatte um seine Gefährtin getrauert. Er wusste nicht, wie er jemals wieder ins Lager sollte. Er wusste nicht, wie er es ertragen sollte in jeder Ecke des Lagers ihr Fell vor sich zu sehen und ihren Geruch in der Nase zu haben. Es war nach Glutsilber schwer genug gewesen, doch das war anders. Er fühlte sich, als hätte sein Leben keinen Sinn mehr. Er wusste natürlich, dass er den Clan hatte, und dass er für den Clan sein da musste, aber beim Sternenclan…Er wusste einfach nicht, wie er je wieder glücklich sein sollte. Mit solchen Gedanken hatte sich irgendwann dann doch eine dumpfe, schwere Wolke des Schlafes über ihn gelegt. Er blinzelte erstaunt, als er wahrnahm, dass die Sonne schon fast an ihrem Höhepunkt angekommen war. Er hatte bereits zwei Patrouillen verpasst. Es scherte ihn nicht. Das leere Gefühl von letzter Nacht erfüllte ihn wieder und er liess sich zurück auf die Pfoten sinken. Er mochte sich nicht bewegen. Er mochte nicht über das Lager nachdenken, oder das, was dort gerade geschah. Bestimmt hatten die Ältesten ihren Körper bereits in die Baumkronen gebettet, damit sie ihren Weg zum Sternenclan besser finden konnte, ja wahrscheinlich war sie sogar schon unter den Ahnen und blickte auf ihn herab.
«Bärenkralle! Was machst du denn hier? » die blauen Augen der jungen weissen Kätzin wurden gross, als sie den Krieger voller Dreck unter einem nahe gelegenen Busch liegen sah. Er sah schlimm aus. Langsam dämmerte es ihr, dass sie ihn gar nicht gesehen hatte bei der Zeremonie. Gerade wollte sie etwas sagen, als Windlachen um die Ecke kam. Sie hatte die Ausbildung der Schülerin nach Lachsflugs verschwinden übernommen. «Bärenkralle sieh dir an, was Schneesilber gefangen hat! Sie schob den grossen Hasen etwas näher an den Kater heran, ihr Blick strotze vor stolz auf ihre Schülerin. «Sie hat ihre Krieger Prüfung mit Bravour bestanden! Ich hoffe ihre Wurfgefährten hatten auch so viel Glück, aber die Beute läuft ja besonders gut in letzter Zeit, wir haben den ganzen Wald voll, da denke ich schon, das Oststern heute drei neue Krieger ernennen kann. » Die Kätzin war so stolz, dass sie nicht zu bemerken schien, dass mit Bärenkralle etwas nicht in Ordnung zu sein schien. Dann schnippte sie mit dem Schwanz. « Komm Schneesilber, wie wäre es, wenn du den Hasen zu Federfall und den beiden Kleinen bringst? Falkenjunges und Schlangenjunges sind natürlich noch zu klein, aber Federfall kann ja mit Regenrauch teilen. » Schneesilber zögerte, als ihre Mentorin in Richtung Lager davon trabte. Sie blickte zu dem teilnahmslos erscheinenden Krieger zurück. «Du solltest wirklich ins Lager mitkommen, bestimmt vermisst Maisregen dich schon. » Mit den Worten drehte sie sich um, schnappte ihre Beute und gab sich Mühe Windlachen aufzuholen.
Ein Sturm von Emotionen brach über Bärenkralle herein. Er sah den beiden Katzen nach. Starr vor Schreck. Hatte Schneesilber gerade Maisregen gesagt? Seine Gefährtin hatte also überlebt? Aber wie? Und was hiess das für ihn? Er stand auf und machte automatisch einige Schritte vorwärts, blieb dann aber wieder stehen. Sie lebte, aber sie wollte ja nicht leben. Sie wollte nicht bei ihm sein. Nun war Federfall also doch alleine. Würde Maisilber – nein – Maisregen jetzt für ewig das Gefühl haben in deren Schuld zu stehen? Der braun gescheckte setze sich wieder. Er wusste nicht, was er machen sollte ein Wirbelsturm aus Gefühlen tobte ihn ihm.
« Windlachen bist du davon überzeugt, dass deine Schülerin dazu bereit ist eine Kriegerin zu werden?“
Die Kriegerin stellte sich mit geplustertem Brustfell vor den Anführer und bestätigte mit klarer Stimme, dass ihre Schülerin mehr als bereit dazu war.
„ Ich, Oststern, Anführer des wahren Clans rufe meine Krieger Ahnen an und bitte sie, auf diese Schülerin herabzublicken. Sie hat hart trainiert, um eure edlen Gesetze zu erlernen, und ich empfehle sie euch nun als Kriegerin.
Schneesilber, versprichst du, das Gesetz der Krieger einzuhalten und den Clan zu beschützen und zu verteidigen, selbst wenn es dein Leben kostet?“
Schneesilber trat vor. Sie erhob den Kopf zu dem Kater, der vor ihr auf dem grossen roten Fels sass. „Ich verspreche es.“
„ Dann wirst du unter deinem Namen als Kriegerin bekannt sein. Der SternenClan ehrt deinen Mut und deine Gutherzigkeit und wir heissen dich nun als vollwertige Kriege/in im wahren Clan willkommen.“
Schneesilber verspürte einen leichten Schauer über den Rücken prickeln, als der Anführer seinen Posten über ihr verliess, und vor ihr die Nase zu der ihren herunter streckte.
Ihre Ohren wurden heiss, als sie sich berührten, und sie blickte sich danach sofort nach Fellsilber um, der mindestens genau so stolz aussah. Sie zwinkerte kurz Präriepfote zu, die schon ganz nervös von einer Pfote zur anderen trippelte, während Erdpfote sofort wegsah, als Schneesilber zu ihm blickte. Sie verdrehte innerlich die Augen, doch dann entschloss sie sich, dass es sie heute nicht stören würde. Der Tag war viel zu gut. Sie lief zu ihrem Gefährten und Seelenband Gefährten hin und setze sich brav hin, während sie seine Nähe und sein Schnurren genoss, zusammen mit den Gratulationen der anderen Katzen.
„Prärieblüte, Prärieblüte! Stimmte sie begeistert mit in den Chor der Katzen Stimmen, als sie alle ihrer Schwester zu riefen.
Bei Erdfeuer zögerte sie einen Herzschlag lang, doch sie wollte sich von nichts den Tag verderben lassen, also rief sie auch seinen Namen kräftig mit- auch wenn er es eigentlich nicht verdient hatte.
Er kam gerade noch rechtzeitig, um die neuen Namen der neuen Krieger mitzukriegen vom Rand des Lagers aus. Bärenkralle liess seinen Blick über die Katzen schweifen, die sich langsam vom Rotfelsen aus verteilten, nachdem Oststern die Versammlung beendet hatte. Er sah den schildpattfarbenen Pelz von Maisregen von weitem. Ein Blitz jagte durch sein Herz. Freude stieg ihn ihm auf bei ihrem Anblick. Immerhin hatte sein Leben seinen Sinn nicht verwirkt. Solange sie am Leben war, war alles gut. Er machte zögerlich einen Schritt in ihre Richtung, als ein weisser pelz auf ihn zugestürzt kam. Weissbüffel hatte ihn wohl entdeckt gehabt. „Wo warst du? Ich habe mir solche Sorgen gemacht! Geht es dir gut? Warum warst du nicht bei der Verschmelzung? Hast du mitgekriegt? Maisregen hat ihren Kriegernamen bekommen. Wie findest du ihn?“ Er war von dem Fragenansturm völlig überfordert. Er war sowieso von allem überfordert. Er stotterte kurz vor sich hin, als der süsslich, herbe Geruch seiner Gefährtin über ihn hereinbrach. Maisregen stand vor ihm. Ihr Blick war komisch trüb, sie schien gar nicht wirklich Glücklich darüber zu sein, dass er hier war. Oder vielleicht, dass sie noch hier war? Bärenkralle blendete Weissbüffel sofort aus und starrte sie an. „Du warst gestern weg.“ Sie klang leicht anklagend. Bärenkrall spürte Wut in sich aufkommen. „ Ja. Hast du erwartet, dass sich dir beim Sterben zusehe?“ „Ich bin nicht tot“ Der Braune zuckte mit dem Ohr. „Aber das war anscheinend nicht deine Entscheidung. Du wolltest nicht leben. „Sie sahen sich stumm an. Die Zeit schien nicht zu vergehen. Dann senkte Bärenkralle den Kopf. „Ich bin froh, dass du noch da bist.“, hauchte er mehr, als dass er es wirklich sagte. Sie erwiderte nichts. Er sah sie wieder an. Er konnte nicht ausmachen was in ihr vorging. Vorsichtig machte er einen Schritt auf sie zu. „Ich muss zur Jagd. Ich habe es Flinkreh versprochen.“, teilte sie ihm mit erschlagen klingender Stimme mit, als er näherkommen wollte. Sie drehte sich von ihm weg und eilte davon.
Bärenkralle hatte den ganzen Tag nicht gewusst, wohin mit sich. Er stromerte im Lager hin und her, den Kopf die meiste Zeit zum Boden hin gesenkt. Er hatte keine Lust angesprochen zu werden. Maisregen war seit dem Gespräch nicht mehr zurückgekommen, obwohl der Abend bereits über sie hereingebrochen war. Er war beleidigt und gekränkt. Ihr schien nicht klar zu sein, was sie ihm mit den Aussagen angetan hatte, dass sie anstelle von Steppensilber zum Sternenclan wollte. Und dann hatte er sich Mühe gegeben, und wollte auf sie zu gehen, und sie war vor ihm weggelaufen, wie ein scheues Kaninchen vor einem wilden Fuchs. Er fühlte sich nicht wohl im Lager. Das Gefühl von letzter Nacht brodelte unter seinem Fell. Ein Gefühl das ihm sagte, dass er nicht hier hingehörte.
„Kann ich hereinkommen?“ Donnervogel streckte den Kopf durch den Eingang des Anführerbaus.“ Oststern winkte die beiden Heilerkatzen zu sich. Er blickte seiner alten Freundin in die Augen. Er wusste was sie zu sagen hatte, wollte es aber nicht hören. „ Er ist zum Sternenclan gegangen. Wir konnten ihm nur noch Mohnsamen geben.“ Der Anführer senkte schmerzvoll den Blick. Schattenblitz war mit Donnervogel zusammen einer seiner ältesten Freunde. Sie waren alle schon vor den meisten anderen Katzen da gewesen. Sie hatten viel zusammen durchgestanden. Aber er hatte es vermutet gehabt. Sie waren alle drei alt. Viel zu alt. Dennoch… „er ist zu früh von uns gegangen. Wir haben noch keinen Anwärter.“ Die Heiler sahen ihn beide an. „Wir haben Maisregen…“ Oststern legte den Kopf schief. „Maisregen hatte noch keinen Schüler…“Aber sie könnte eines von Regenrauchs Jungen übernehmen. Auch wenn sie noch ein paar Monde warten müsste. Vielleicht würde der Sternenclan uns das vergeben. Was haben wir sonst für ne Möglichkeit? Elchhund ist kein wirklicher Zweigeist, und seit dem Tod seines seelenband Gefährten, ist er nicht mehr der gleiche. Aber er hatte bereits einen Schüler. Oder wir könnten einen der Ältesten als zweiten Anführer einsetzen. Aber die Frage ist, ob das eine kluge Entscheidung ist. Schwarzfuss ist die Älteste Katze im Clan. Er kann ja kaum noch ohne Schmerzen aufstehen. Plattnase und Hasental sind auch nicht mehr die fittesten und schon seit etlichen Monden im Ältestenbau, auch wenn wir beide da eigentlich auch längst hingehörten. Scharfauge eventuell, aber er hatte sich so darauf gefreut, endlich nicht mehr auf Patrouillen gehen zu müssen, wegen seinen Knochen. Und ich weiss nicht ob es Sinn macht, einen zweiten Anführer nur für einige Monde einzusetzen? Bis Maisregen ihren Schüler hatte. Meinst du nicht der Sternenclan sieht unsere Situation? Schließlich werden die Silber Bonds von ihm auserwählt.“ Oststern blickte seine alte Heilerfreundin still an und überlegte.
PS....Wie ihr merkt, wir nähern uns dem Ende der Geschichte zu, was heisst, Entscheidungen könnten besonders Folgenschwer sein... ich ,mein ja nur.
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